Wandertag mit Friedrich Merz

Eins der eventuell unwichtigste Ereignisse im Leben von Guido Westerwelle und Friedrich Merz trug sich am 9. August 2008 zu: Gemeinsam „mit 200 Sauerländern“ (Die Welt“) bzw. „120 Teilnehmern, darunter eine ganze Schar von Journalisten“ (Handelsblatt) unternahmen beide laut Ankündigungszettel eine „gemütliche Wanderung mit Vespermahlzeit und Podiumsdiskussion" im Umland von Winterberg.
„Zunehmend heimatlos fühlt sich der Finanzexperte Friedrich Merz in der CDU. An diesem Wochenende wandern Sie mit Merz im Sauerland. Bieten ihm die Liberalen eine neue politische Heimat?“ hatte sich Bild am Sonntag vorsorglich erkundigt. Westerwelle konnte nur abwiegeln: Ich kenne Friedrich Merz und seine wunderbare Frau seit meinen Studententagen. Mir ist nicht bekannt, dass er seine Partei verlassen will. Das ist auch nicht der Hintergrund unserer gemeinsamen Veranstaltung in seinem Wahlkreis. Mir geht es darum, Kräfte wie Friedrich Merz oder Wolfgang Clement zu unterstützen, die vom Linksrutsch ihrer Parteien enttäuscht sind.
BAMS hakte nach: „In vier Wochen ist Merz Gastredner auf der Klausurtagung der FDP-Bundestagsfraktion. Das ist doch kein Zufall!“ Westerwelle blieb dabei: Friedrich Merz vertritt wirtschafts- und sozialpolitisch vernünftige Ansichten. Aber nach seinen Plänen müssen Sie ihn selbst befragen. Ich habe nicht vor, ihm sein Leben in der CDU noch schwerer zu machen, indem ich ihn öffentlich einlade, der FDP beizutreten. Ich kann Ihnen aber gern grundsätzlich versichern, dass die FDP keinen Aufnahmestopp hat.
„Bei der Wanderung am Samstag gehe es darum, auf 800 Metern Höhe über alle möglichen Themen zu sprechen, sagen die beiden“, so „Die Welt am 11. August. „In der Einladung ging es noch um "Deutschland und die Globalisierung". Der profane Grund für die Wanderung ist dieser: Es geht um das Signal, dass reformfreudige Wirtschaftsliberale in der Union heimatlos geworden sind. Merz sendet dieses Signal am Samstag wie schon so oft an Angela Merkel, Westerwelle an die Wähler.“
„Die Wanderung am Samstag mit eingebauter Podiumsdiskussion Ist zuallererst eine Werbeaktion für Winterberg und den Sponsor Hapimag.“ wußte die „Süddeutsche Zeitung“ vom 8. August. „Merz ist der Noch-Wahlkreisabgeordnete des Urlaubsortes. Deshalb habe man ihn als Ersten um die Teilnahme an der erstmals veranstalteten Tour gebeten, sagt der örtliche Tourismus-Direktor Michael Beckmann. Als Gesprächspartner habe man Merz den ebenfalls im Sauerland beheimateten Ex-SPD-Chef Franz Müntefering und eben Westerwelle vorgeschlagen. Merz habe sich dann für seinen Duz-Freund Westerwelle entschieden.
"Wenn mich die Stadt Winterberg einladen würde, mit Angela Merkel oder Franz Müntefering zu wandern, wäre ich auch sofort dabei", behauptete Merz wiederum der „Welt“ gegenüber, "Wir kennen uns schon seit Studentenzeiten, aber mehr ist es nicht.“ Auch Westerwelle beteuerte, dies sei eine ganz "unschuldige Wanderung": Ich wandere mit einer Stulle in der Tasche, nicht mit einem Aufnahmeantrag für die FDP“ Die Welt: Ein Detail ist dann doch interpretationswürdig: Westerwelles Schuhe sind schwarz und haben gelbe Schnürsenkel. Der FDP-Chef analysiert: "Das Gelbe hält sie zusammen." Wirklich zusammen fanden die beiden erwartungsgemäß nicht: Zwar applaudierten die Mitwanderer zwar, „als Westerwelle und Merz mit vereinter Kraft einen Schlagbaum aus dem Weg“ schoben, aber aussagekräftigere Visualisierung scheiterten: „Vergiss es!“, raunzt Friedrich Merz, der ehemalige Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, einen herbeieilenden Fotografen an. Dessen Bitte, ob sich Merz und sein Wanderpartner, FDP-Chef Guido Westerwelle, nebeneinander in die Gondel des Skilifts setzen könnten, schlägt er ab. Das gewünschte Bild war: Mit der FDP geht es für enttäuschte CDU-Mitglieder aufwärts.“ (Financial Times Deutschland 11.08.2008) "Ich wäre auch mit Frau Merkel wandern gegangen", sagt Merz in eine Fernsehkamera. Doch als Westerwelle diesen Vorschlag für eine Neuauflage im nächsten Jahr ins Spiel bringt, starrt Merz ins Leere. (Die Welt, 11.08 „008) Auf einem Foto vom Samstag wirken die beiden Männer, als seien auf ihrem Weg auch einige Alko-Pops geleert worden. Vielleicht freuen sie sich aber auch nur närrisch darüber, dass man in diesen Sommerlochtagen schon mit einem Spaziergang Aufsehen erregen kann. (FAZ 11.08 2008) Wie gesagt, all das wollte überhaupt nichts weiter besagen. „Die Welt“: Auch Merz spielt die Bedeutung des Treffens herunter: "Ich habe Wolfgang Clement getroffen und ihm gesagt, ab morgen übernehme ich das Sommerloch."
 
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