Günter Rexrodt nach Gutsherrenart


Dass es auch anders geht und was man etwa als Bundeswirtschaftsminister aus Provinzkulissen machen kann, bewies der inzwischen verstorbene FDP-Politiker Günter Rexrodt. Gebracht hatte Rexrodt das Testament seines 1987 auf Hawaii verstorbenen Schwiegervaters Ernst Hoyermann nur Ärger. Zwar hinterließ der niedersächsische Gutsbesitzer „ein 240-Hektar-Areal, viel Acker und viel Wald, zwei Seen, zusätzlich den Golfplatz „Isernhagen“, den Campingbetrieb „Parksee“ sowie einen Bauernhof mit Stallungen und Wohnhäusern“ (Spiegel 37/93) für ca. 10 Mio. Mark. Vermacht hatte er sein Anwesen den Töchtern Ingrid (Rexrodt), Angela (von Maltzahn) und Marion (Hoyermann) zu gleichen Teilen – und die waren total über Kreuz. Auf Gut Lohne tobte fortan Schwesternstreit um antikes Mobiliar, Autos, Pachtverträge, Gutsangelegenheiten und Gewinnausschüttungen, man beharkte sich mit Briefen, Prozessen und ausgewechselten Haustürschlössern, ab und zu wurde auch die Polizei geholt.
Speziell Minister Rexrodt wurde vorgeworfen, ein altes Ölbild in sein Schweizer Ferienhaus verschleppt und in seiner Ministerfreizeit illegal denkmalschutzwidrige Apartments über dem Kuhstall eingebaut zu haben. Ein Brennpunkt der Familienkräche war die „Alte Schmiede“, die die Schwestern monatlich wechselnd nutzten - so dass sie niemandem zufallen konnte. Hier hatte Rexrodt ca. 10 Kubikmeter per Möbelwagen herangekarrtes Mobiliar verstauen lassen. Prompt faxte Schwägerin Hoyermann ins Bundesministerium, die Möbel seien wieder abzuholen. Die Rexrodts forderten dagegen brieflich, die Möbel schonend zu behandeln und behielten sich „Nutzungsentgelt“ vor.
Am Samstag, dem 19. Juni 1993 hielt im Polizeirevier Großburgwedel der diensthabende Beamte im Protokoll fest: „Gegen 21 Uhr rief Herr Rexrodt aus Berlin an und teilte mir folgendes mit: Er habe in Erfahrung gebracht, dass Frau Hoyermann aus der „Alten Schmiede“ Antiquitäten herausholen würde, die nicht ihr Eigentum wären.“ Wie zwei in einem Zivilfahrzeug losgeschickte Polizisten feststellten, hatte Frau Hoyermann aber nur Freunde zu Besuch und saß mit ihnen in der Schmiede:„Frau Hoyermann hielt sich berechtigt in dem Haus „Alte Schmiede“ auf. Wertvolle Möbel wurden von ihr nicht aus dem Gebäude geschafft.“
(Protokoll)
Am Abend erreichte das Revier ein Fax aus Berlin: Ingrid Rexrodts Strafanzeige wegen Hausfriedensbruchs gegen einen Besucher ihrer Schwester. Sonntagmorgens rief Rexrodt selbst an, um zu erfahren, was „aus der Anzeige geworden ist.“ (Protokoll) Nochmals rückten zwei Beamte aus, Hausfriedensbruch lag nicht vor:„Die Miterbin gab den Beschuldigten in unserem Beisein als ihren Bekannten aus.“
Rexrodt ließ sich zum Glück von diesem Rapport aus Großburgwedel nicht beirren und rief nochmals an: „Herr Rexrodt verzichtete auf eine Räumung des Gebäudes „Alte Schmiede“, bestand aber auf der Durchsetzung des Betretungsverbotes gegen Herrn Wöhrmann. Durch das Verhalten des Herrn Wöhrmann würden elementare Grundrechte massiv gefährdet.“ (Protokoll) Noch einmal jagte Polizei nach Lohne, verwies den Gast des Geländes und meldete es nach Berlin. Die Staatsanwaltschaft Hannover stellte die Hausfriedensbruchs-Ermittlungen nach wenigen Tagen ein, danach strengten nun Wöhrmanns Anwälte in Celle ein Strafverfahren „wegen des Verdachts der falschen Verdächtigung und der Nötigung“ an. Von Rexrodts Schwägerin war zu erfahren, Rexrodt habe sie als „Irre“ und „Langzeitarbeitslose ohne Eingliederungschance“ bezeichnet – was Rexrodt bestritt, sein Ministeriums-Sprecher Wauschkuhn nannte Frau Hoyermann zumindest „manisch depressiv“. Rexrodts Behauptung „er habe noch nie Leute angeschrieen, niedergemacht oder beleidigt“ konnte Volker Ogorek, ein Mieter auf Gut Lohne, jedoch nicht bestätigen: Bei Ogorek hatten die Rexrodts Heiligabend l987 vormittags geklingelt und Belege über die letzten Mietzahlungen verlangt. Als Ogorek auf den unpassenden Zeitpunkt hinwies, lief, wie Ogorek in einer Aktennotiz festhielt, der Minister zu großer Form auf: „Er schrie mich an, sofort die Belege herauszugeben. Falls ich hierzu nicht in der Lage sei, könne ich das Haus räumen, wofür er Sorge tragen würde.“ Frau Rexrodt räumte Ogorek noch eine Zehn-Tage-Frist ein, ihr Mann meldete sich kurz vor der Bescherung nochmals. Ogorek: „Dr. Günter Rexrodt forderte am Nachmittag nochmals telefonisch die Vorlage der Belege am Heiligen Abend.“
 
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