Im Haus Reichenstraße 10 den Handlanger einer kriminellen Vereinigung vermutet

 

In Itzehoe hat sich Dichterfürst Goethe bis auf die Knochen blamiert

  Auch ein Genie kann irren, auch der große Johann Wolfgang von Goethe war nicht unfehlbar. Ausgerechnet Itzehoe steht für einen gewagten Irrtum des Dichterfürsten, der sich mit der Unterstellung, an der Stör seien Raubdrucker zu Werke gegangen und hätten ihn übers Ohr gehauen, ganz gewaltig blamierte. Itzehoe kann sich jedenfalls rühmen, nicht nur für Schiller, sondern auch für Goethe eine gewisse Rolle gespielt zu haben.

Daß Friedrich Schiller im Gewimmel von Wallensteins Lager kurz einen „langen Peter aus Itzehoe" auftreten läßt, der eine Marketenderin wiedererkennt (die sich prompt entsinnt, daß dieser Landsknecht seines Vaters goldene Füchse/ mit unserm Regiment hat durchgebracht / zu Glückstadt in einer trinkfreudigen Nacht) ist von Itzehoes Stadtvätern mit der Schillers ausgedachtem Taugenichts gewidmeten Straße ja gebührend gewürdigt worden. Daß aber auch Johann Wolfgang von Goethe eineinhalb Jahre vor seinem Tode noch flüchtig mit Itzeoe in Berührung kam, ist weit weniger bekannt.

„Faust II“ war noch nicht ganz fertig

  Der Anlaß war allerdings auch verdrießlicher. Er ergab sich im September 1830: den über 80jährigen Goethe hat man sich dabei ganz als den würdigen Geheimrat vorzustellen, den sein Adlatus Eckermann in seinen Gesprächen überliefert. Mit seinem „Faust II" war er noch nicht ganz fertig (d. h. er rang mit sich, ob er den fehlenden 4. Akt endlich angehen sollte). „Dichtung und Wahrheit" war auch unvollendet, außerdem warteten ein angefangener französischsprachiger Aufsatz zur Zoologie und diverse Notizen zur Botanik im Arbeitszimmer.
Ansonsten kam er mit mehreren Flaschen Wein gut durch den Tag. Auch sein größter privater Kummer ruhte: die ständigen Ehekräche seines einzigen Sohnes August mit Schwiegertochter Ottilie im Dachgeschoß des Goethehauses.
August, seines Zeichens Weimarischer Kammerherr, war ein paar Monate zuvor nach Italien aufgebrochen in der Hoffnung, durch ein ähnliches Wandlungserlebnis wie einst sein Vater seine Depressivität und Trunksucht in den Griff zu kriegen. Begleitet wurde er dabei von Eckermann, der die Vorgänge in Weimar daher zwischenzeitlich nicht verfolgen konnte — zweifellos wäre Itzehoe sonst auch noch zu Eckermann-Ruhm gekommen.
Auf der Heimreise war er aber schon, als sie sich abspielten; eine plötzliche Erkrankung und die heimliche Sorge um seine „Gesprächs" - Manuskripte hatten ihn veranlaßt, sich am 25. Juli in Genua von Goethes Sohn zu trennen.
Am 14. September 1830 sitzt er bereits in Genf an einem langen Brief an Goethe (aus Italien hatte das Duo nämlich keine Zeile geschrieben), doch seinen „Geheimbderat" bewegen am selben Tag ganz andere Dinge.
Er ist sichtlich in Wallung, während er seinem Schreiber John diktiert. Grund dafür ist die ihm zugesandte Abschrift einer Zeitungsanzeige aus dem „Hamburger Correspondenten":
Einladung zur Subskription auf eine schöne und wohlfeile Ausgabe von Goethes Schriften. Des Hochgefeierten Werke, die früher unvollständig 80 Mk. kosteten, erscheinen jetzt, um sie auch minderbegüterten zugänglich zu machen, vollständig in einer eleganten Taschenausgabe, der Band von 300 Seiten, sauber geheftet, zu nur 1 Mark. Vom 15. September an liefern wir wöchentlich einen solchen Band, so daß die respectiven Subskribenten nach Verlauf von ungefähr 16 Monaten im Besitz der sämmtlichen Werke sind. Probeexemplare liegen zur gefälligen Ansicht bereit. Bestellungen erbitten bald Schuberth & Niemeyer in Hamburg und Itzehoe.
Da man dies Angebot im Hause Cotta nicht einzuordnen wußte, so Goethes Befürchtung, konnten an Stör oder Elbe nur Raubdrucker zu Werke gegangen sein. Und das war mehr als ärgerlich, denn damals (die deutsche Landkarte ist ein Flickenteppich aus mehreren Dutzend souveränen Kleinstaaten) waren Urheberrechte in irgendwelchen entlegenen Winkeln nur auf langwierigsten Umwegen durchzusetzen. Einige Jahre zuvor hatte Goethe mit Verleger Cotta zwar ein „schützendes Privilegium", d. h. das alleinige Copyright für seine Werke von allen Fürsten des deutschen Bundes zugesichert bekommen — angesichts der vielen „Duodez"-Residenzen ein immenser bürokratischer Kraftakt.
Doch die gesamte deutsche Kleinstaaterei ständig auf Raubdrucke zu überwachen, war vollkommen unmöglich. Wenn also kein erfolgreicher Präzendenzfall gelänge, würden bald allerorten Geschäftemacher die fürstliche Garantie unterlaufen und Verleger Cotta bliebe auf seiner autorisierten, teureren Werkausgabe sitzen — gerade jetzt, wo Ende September, zu Michaeli, auf der Leipziger Buchmesse die letzte Lieferung angeboten werden sollte.
Eile war darum geboten und Schreiber John wurde statt mit „Faust II" mit einem dringenden Ersuchen an Heinrich Küstner, Bankier und Großherzoglich- Sächsisch- Weimarischer Generalkonsul in Leipzig, befaßt.
Nach einigen Höflichkeitsfloskeln (Ehrwürdige Hochwohlgeboren verzeihen, wenn ich in so prägnantem Augenblicke, da die öffentlichen Angelegenheiten alle ihre Aufmerksamkeit fordern, dieselbe für einen Augenblick einem Privatgeschäft zuzuwenden bitte) kommt er auch rasch zur Sache: (Einem solch kühnen gesetzwidrigen Unternehmen haben wir allerdings entgegen zu arbeiten), erbittet Rath und kräftige Mitwirkung und hat schon alle zutreffenden Maßnahmen parat: Das königliche Konsistorium zu Dresden soll angeschrieben werden (begleitet von dem Ansuchen, die der Bücherkommission zu Leipzig damals gegebenen Befehle bey gegenwärtiger Gelegenheit besonders auch bevorstehender Messe wiederholt einzuschärfen) ebenso die Leipziger Bücherkommission (mit dem Ersuchen seine Aufmerksamkeit zu verdoppeln, daß weder ein solches Musterbändchen in Leipzig vorgewiesen, noch viel weniger eine Subskription darauf erlassen werde.). Außerdem müsse der Hamburger Magistrat verständigt werden.
...Ein gleiches an die oberste Justizbehörde in Itzehoe. Vielleicht könnten Hochwohlgeboren mir anzeigen, ob dort ein Stadtmagistrat oder ein königlich dänischer Oberamtmann deshalb anzugehen sey?...
Abschließend bittet er Küstner, bei den Leipziger Herren Büchercommissairs, da Michael herannaht, persönlich vorzusprechen. Um seinem „Privilegium" flächendeckend Geltung zu verschaffen, gingen in den nächsten Tagen dann ähnlich lautende Schreiben an den Grafen Leopold von Beust
...Ich gedenke, nunmehr den Magistrat zu Hamburg und die dänische Behörde zu Itzehoe gleichermaßen anzugeben...
und den Grafen Deinhardt in Wien. Verleger Cotta wird um eine offizielle Mißbilligung ersucht. Bankier Küstner in Dresden kann unterdes für die Schuberth / Niemeyer-Ausgabe ein Vertriebsverbot erwirken — nach dem Protest von deren Leipziger Kommissionär Taubert wird es aber wieder ausgesetzt. So daß Goethe am 22. September Konsul Küstner nach Dank für bisherige Bemühungen erneut anspitzt — denn ganz eigen sind die Ausflüchte des vorgeforderten Buchhändlers.

 
 
Taubert hatte nämlich hartnäckig behauptet, seine Geschäftspartner hätten nur einen größeren Posten der Cotta'schen Ausgabe angekauft, um ihn völlig legal weiterzuverkaufen. Um das als Lüge zu entlarven, legt Goethe Küstner die angeforderte Distanzierung von Verleger Cotta als Dokument für die Bücherkommission bei.

Damif scharf vorgegangen werde

Abschließend teilt er mit, nun wolle er sich an den Weimarer Konsul in Hamburg, Victor Swaine, wenden, damit dort und in Itzehoe (auch der dänische König hat ja als Herzog von Holstein Goethes Privileg bestätigt) scharf gegen die Raubdrucker vorgegangen werde.
Einen Tag später, wieder an Küstner, weist er die Darstellung Tauberts nochmals scharf zurück (Da sich auch sein Verleger distanziere, dürften keine weiteren Bedenken seyn, jene Ausgabe als Nachdruck zu erkennen und gegen dieselbe durch Insinuation des bedrohlichen Verfahrens zu verfahren im übrigen sei leider aus diesem Vorfalle zu ersehen, was man den Buchhändlern alles zutraut, in dem der Leipziger Commissionair Taubert offenbar eine Collusio über den Autor her mit seiner Buchhandlung zutraut.)
Zwei Tage danach beginnt er, seinem Verleger Cotta mit dem Hinweis der Magistrat der Stadt Leipzig habe sein Circulare-Verbot auf die sonderbare Erklärung des Buchhändlers Taubert als Commissionair von Schuberth und Niemeyer in Hamburg und Itzehoe aufgehoben, erstmals auf den Zahn zu fühlen und forderte quasi eine eidesstattliche Erklärung mit Unterschrift, Siegel und sonst legalisirt.
Und noch zwei Tage später, zwischendurch waren eingetroffene Briefe Eckermanns und Marianne v. Willemers, der „Suleika" seines „Westöstlichen Divan" zu beantworten, setzt er dann sein Gesuch an Konsul Swaine in Hamburg auf. Nach einem sanften Wink mit dem Zaunpfahl (Ihren Bezug zu den Großherzoglich Sachsen-Weimarischen Geschäftskreisen bedenkend) alarmiert er am 29. September auch den damit, daß die nunmehr vollendete, unter dem Schutz des durchlauchtigsten Bundes veranstaltete Ausgabe meiner sämmtlichen Werke von Hamburg und Itzehoe aus durch freventlichen Nachdruck bedroht werde; Swaine daher darauf dringen solle, dem Hamburger Buchbinder Schuberth den angekündigten Nachdruck zu verbieten, die vorhandenen Exemplare zu konfiszieren, und, vorbehältlich eines zu erweisenden Schadenersatzes, mit einer angemessenen Geldbuße zu belegen.
Swaine legt sich ins Zeug, auch der gerade in Hamburg weilende Goethe-Freund Froriep stellt die Herren zur Rede. Die bleiben aber bei ihrer Version.
Während sich Goethe bei Küstner nochmals nach dem Verbot erkundigt, danach erst einmal eine Woche bei Korrespondenz mit illustren Zeitgenossen pausiert, dann aber am 9. Oktober zu einem resoluten Brief an Verleger Cotta ausholt. Diplomatisch bedankt er sich eingangs noch für das überwiesene Honorar für die „Metamorphose der Pflanzen" leitet aber gleich zu Freund Frorieps Bericht über Schuberth & Niemeyers Einlassungen zur „richtigen Cotta'schen Ausgabe" über. Goethe: Die Verlagsbuchhandlung wird am besten ausweisen können, ob eine so große Menge von Original-Exemplaren an jene Buchhandlung abgegangen, welche aber doch nur als Vorwand eines heimlichen Nachdrucks behandelt werden könne. Weiterer Aufklärung auch von Seiten Ew. Hochwohlgeboren entgegensehend.
Im von Cotta erhaltenen Vorbestellungsverzeichnis stehe nämlich Schubert in Hamburg mit 117 Exemplaren der kleinen Ausgabe, welches keine Masse zu einem solchen Unternehmen ist. Buchhändler Taubert in Leipzig spricht von 14 Centner meiner Werke, welche an Schuberth zu Anfang des Jahres sollten spediert worden seyn.
Am 14. Oktober sind Goethe dann so viele amtliche Dokumente zugegangen, daß er seine Unterstellungen nicht mehr aufrechterhalten kann — und vor der gesamten Innung bis auf die Knochen blamiert ist.
In diese Situation manövriert hat ihn — niederschmetternd genug — niemand anderes als sein Verleger der das Geschäft eines seiner Bevollmächtigten verdrängt, verschlampt oder ihm verheimlicht hatte.
Entsprechend indigniert fällt der Kommentar aus, mit dem er Cotta die Unterlagen übersendet: Ich enthalte mich aller Bemerkung, unterlasse aber doch nicht auszusprechen; daß, wenn die Geschäfte auf diese Weise befördert werden, es niemanden wundern darf, wenn die Staaten, in denen es geschieht, als höchst gefährdet werden angesehen müssen... Weiter compromittieren möchte ich mich nicht gerne.
Am peinlichsten muß ihm dabei die Richtigstellung sein, die die ihm inkriminierten Buchhändler in Umlauf brachten: In Folge einer Anzeige im hiesigen Correspondenten, wo wir Goethes Werke, Taschen-Format, dem hamburgischen Publikum lieferungs- weise, geheftet anbieten, gefiel es einigen Vorwitzigen, diese angekündigte Cotta'sche Ausgabe, der Leipziger Bücher-Commission als einen Nachdruck verdächtig zu machen. Ungeachtet dessen, daß der Preis, Format und die Seitenzahl laut unserer Anzeige mit der Cotta'schen genau übereinstimmen, und unser Commissionar F.A. Taubert bewies, daß er vor mehreren Monaten ca. 16 Centner Goethes Werke vom Cotta'schen Commisssionair, Herrn Kummer, für uns empfangen und an uns abgesandt hat, so ist doch die Leipziger Bücher-Commission unvorsichtig genug, ohne einmal Antwort auf die bey unserer Behörde eingereichte Anklage abzuwarten und ohne fernere Erkundigungen eingezogen zu haben, ein Umlaufschreiben gegen uns ergehen zu lassen. Diesem nun frühzeitig genug zu begegnen, bemerken wir hiermit, daß

1) wir von der Cotta'schen Buchbandlung im Ganzen 123 Exemplare Goethes Werke in verschiedenen Ausgaben bezogen haben und diese größtenteils pränumerando für 40 rth. bezahlten, was uns die Cotta'sche Buchhandlung der Wahrheit gemäß bezeugen muß.

2) Die letzten 50 im August 1829 pränumerierten Exemplare erst (durch den frühzeitigen Winter auf der Elbe eingefroren) am 2. April des Jahres hier ankamen und wir noch jetzt hinlänglich Vorrat haben;

3) wir den Band mit 1 Mark berechnen, also 40 Theile mit 40 Mark hiesigen Courant oder 16 Thaler wie sie jetzt im Ladenpreise von der Verlagsbuchhandlung berechnet werden. Wir wiederholen übrigens, daß wir aus Grundsatz durchaus keinen Nachdruck führen, und sind gerne bereit, für jeden anerkannten Nachdruck, den man bey uns findet, 100 Thaler zu zahlen. Hamburg und Itzehoe, den 30 September 1830 Schuberth & Niemeyer.
Kommentarlos legt Goethe auch eine Reklame des Hamburger Buchhändlers Herold bei, nach welcher die Cotta'sche Ausgabe weit wohlfeiler, als sie von Schuberth und Niemeyer angeboten worden sey, verkauft werde — für weniger als eine Mark pro Band.

 

„Wunderbare Behandlungsweise..."

Am 21. Oktober — der Leipziger Magistrat hat das Verbot endgültig aufgehoben — schreibt Goethe ein letztes Mal an Küstner, von dem ein tröstender Brief kam: Ganz beruhigt kann ich die Sache nicht lassen und will wenigstens daß, was in der Unterbehörde geschehen, an das königliche Ober=Consistorium in Dresden bringen, damit man eine solche wunderbare Behandlungsweise dort kennenlernt.
Was er aber bei der Ankündigung beläßt. Fünf Tage später erliegt sein Sohn August, kaum vierzigjährig, in Rom einem Schlaganfall.
Eckermann, der schon nach Weimar unterwegs ist, erfährt davon in Göttingen vom Wirt des Gasthauses, in dem er abgestiegen ist, für den Rest der Fahrt martern ihn in der Postkutsche schauerliche Überlegungen (Welchen Eindruck wird deine Ankunft machen, da du mit seinem Sohne gegangen bist und nun alleine wiederkommst!) Als er am 23. November spät abends beim Haus am Frauenplan anlangt, findet er den Hausherrn, der die Nachricht auch erst einige Tage zuvor bekam, vollkommen heiter und ruhig, wir setzten uns und sprachen sogleich von gescheiten Dingen, ...über die Frau Großherzogin, den Prinzen und manches andere; seines Sohnes jedoch ward mit keiner Silbe gedacht.
Von den zeitweilig in Hamburg und Itzehoe vermuteten Widersachern wortwörtlich ganz zu schweigen. Die sich übrigens in puncto Itzehoe recht weit aus dem Fenster gehängt hatten. Das beweist zumindest eine kleine, im Kreis- und Stadtarchiv aufbewahrte Sammlung von Behördenanfragen zu ihrem Laden aus demselben Zeitraum (Ein Original-Anschreiben Goethes liegt natürlich nicht vor).

Anfrage beim Itzehoer Magistrat

Sei's im Zuge der von Goethe losgetretenen Demarchen, sei's weil sie selbst so kräftig die Werbetrommel rührten: Schon am 22. September 1830, nur acht Tage, nachdem Goethe selbst erstmals aktiv wurde, fragt der königliche Kanzleibeamte Carl Detlefsen von Gottorf aus beim Itzehoer Magistrat an, welche Bewandtnis es mit Schuberth und Niemeyer habe, die sich in
öffentlichen Blättern als Buchhändler in Hamburg und Itzehoe jetzt verschiedentlich schon kundgegeben und zwar da eine gewisse, mir vorliegende Sache damit in einem gewissen Zusammenhange stehet.
Am 9. November erkundigt sich dann auch Stadtvogt Brodersen vom Polizeyamt Altona,
ob die gedachten Buchhändler in Itzehoe wirklich einen Laden halten und ob sie dazu mit einem königlichen Privilegium versehen sind.
Er bekommt keine Antwort, so daß er am 30. November — Goethe liegt derweil in Weimar nach einem plötzlichen Blutsturz danieder — seine Bitte um baldige Mitteilung der erbetenen Auskunft ergebenst wiederholt.
Die auch bis zum Jahresende liegen bleibt; erst an Silvester 1830 wird es mit anderem im hiesigen Rathaus aufgearbeitet und Brodersen erfährt, daß die gedachten hamburgischen Buchhändler schon vor längerer Zeit wegen der Belegung einer Buchhandlung hierselbst eingekommen sind, daß ihnen also hiermit zu erkennen gegeben worden, daß sie dieserhalb ein Allerhöchstes Privilegium nachsuchen müßten. Erhalten haben sie dieses Privilegium noch nicht, und es steht ihnen daher auch kein Recht zu, eine Buchhandlung hier zu etablieren.
Dieses ist dann auch nicht gesehenen und wenn sie sich in öffentlichen Anzeigen Buchhändler in Itzehoe nennen, so ist dies eine falsche Benennung. Das wirkliche an der Sache ist nur dieses, daß sie einen Commissionair hier haben, bei dem man Bücher bestellen kann, der einem Lesezirkel vorsteht und auch einen kleinen Laden hat, worin unbedeutende Neuigkeiten der Litteratur feil geboten werden.
Was Goethe, der am Neujahrsmorgen mit Eckermann schon wieder erholt und rüstig über Stendhals „Rot und Schwarz" plauscht, sicher getröstet hätte.
Bei dem Commissionair handelte es sich übrigens um den Buchhändler Johann Heinrich Clausen, der vier Jahre später den Bürgereid leistete und das Haus Reichenstraße 10 erwarb.
So daß man dort eigentlich nicht entlanggehen kann, ohne zu bedenken, daß hier einmal jemand wohnte, den Johann Wolfgang von Goethe einen Monat lang als Handlanger einer kriminellen Vereinigung ansah.