Krüppel im Wunderland

 

John Lennons eigene Schreibewelt

  Stimmengewirr, Empörung, Hört!- Hört!-Rufe, dazwischen eine angestrengt bimmelnde Glocke, die deutlich Mühe hat, sich Gehör zu verschaffen: eine Sitzung des britischen Unterhauses am 19. Juni 1964. Gegenstand der Debatte ist das Buch eines Beatle.
Soeben hat der konservative Abgeordnete Charles Curran die Behauptung aufgestellt, John Lennons literarisches Debüt »In His Own Write« werfe »ein Licht auf die unzureichende Schulbildung in Liverpool«, und Lennon sei »ein Analphabet«.
Keiner der Anwesenden, am wenigsten Curran selbst, ahnt zu diesem Zeitpunkt, daß diese Behauptung das einzige ist, was die Fachwelt von dieser Rede, von dieser Sitzung, erst recht von Curran im Gedächnis behalten wird.
Doch seine Literaturkritik - immerhin eine der vehementesten, die je in einem Parlament geäußert wurden - muß mittlerweile auf ernste Verständnisschwierigkeiten stoßen: Bücher über John Lennon gibt es mehr als genug - neben professionellen Biographen haben u.a. seine erste Frau Cynthia, seine Geliebte May Pang, sein Jugendfreund Pete Shotton und die zeitweiligen Assistenten Tony Fawcett und Frederic Seaman ihre Erinnerungen zu Papier gebracht, und Yoko Ono stellte als Antwort auf die wilde Skandal-Biographie des Journalisten Albert Goldman immerhin schon mal einen Dokumentarfilm zusammen. Aber Bücher von John Lennon bekommt man, abgesehen von einer zweisprachigen Ausgabe seiner Songtexte und einem seltsamen Nachlaßband (Zwei Jungfrauen oder Wahnsinnig in Dänemark), seit über einem Jahrzehnt in deutschen Buchläden nicht mehr. Damit ist auch jenem Buch das Publikum entzogen, mit dem Lennon 1964 als komischer Autor »in seiner eigenen Schreibe« debütierte und das den britischen Tory so erbost hatte. Das ist schade - nicht nur, weil es zum Ungezogensten gehört, was Lennon je gemacht hat, sondern auch, weil dieses Werk so beeindruckend festhält, was in dem John Lennon jener Beatlemania-Tage tatsächlich vorging. Das Bild, das etwa im gleichen Zeitraum entstandene Dokumente wie die kürzlich veröffentlichten BBC-Tapes oder der Film A Hard Days Night nahe legen, wird in verblüffender Weise korrigiert.
»In His Own Write« ist eine Sammlung eigenwilliger Prosa; Lennon hatte ursprünglich nicht vor, ein Buch zu schreiben: »Wenn er nicht gerade neue Songs komponierte oder an Plattenaufnahmen arbeitete« , so berichtet Biograph Ray Coleman, »verbrachte John seine Zeit damit, zu schreiben und zu zeichnen. In Autos und Zügen, in Flugzeugen und Hotelzimmern bekritzelte er die Rückseiten von Briefkuverts und Cartoons, deren Figuren er selbst erfand. (...) Der Großteil entstand während der wüsten Beatlestourneen durch Großbritannien 1963 hinter der Bühne.« Einiges davon druckte das Liverpooler Musikblatt Merseybeaf.
Derek Taylor, Presseagent der Beatles, brachte Manager Brian Epstein schließlich auf die Idee, das Verstreute in einem Büchlein zusammenzufassen, und der von Epstein angesprochene Verleger Jonathan Cape war gern dafür zu haben.
Lennon bat nach Vertragsabschluß den Merseybeaf um seine Manuskripte, aber das erwies sich als unerwartet kompliziert: Die Redaktion war umgezogen, und dabei war der ganze Stoß Lennon-Manuskripte abhanden gekommen. Zwar konnte der Großteil nach mühseligem Suchen in halb Liverpool wieder aufgetrieben werden, in einem Fall stieß man jedoch auf wenig Entgegenkommen: Bei einem gewissen Rod Murray, der mit Lennon zeitweilig zusammengewohnt hatte, stand noch eine Rechnung offen - Mietschulden, die Murray allein beglichen hatte, nachdem Lennon auf Nimmerwiedersehen entschwunden war. Gegen ein Faustpfand - einige Schulhefte, die Lennon unter dem Titel The Daily Howl vollgekritzelt hatte bekam Murray sein Geld zurück. (Noch weitaus mehr, 16.000 Pfund, brachte ihm Jahre später die Versteigerung eines offenbar abgezweigten Heftes bei Sotheby`s.) Aus dem so zustandegekommenen Fundus stellte Lennon sein Bändchen zusammen, das am 23. März 1964 erschien. 50.000 Briten und 90.000 US-Bürger griffen sofort zu.
  Die Literaturkritiker sahen sich ebenfalls herausgefordert und stellten, Lennon-Biograph Robertson zufolge, den Autor »schnell in eine literarische Reihe, die von Lear über Carroll über James Joyce zu James Thurber führte«.
Das Literary Supplement der Times vom 26. April 1964 empfahl das Buch als der »Aufmerksamkeit eines jeden wert, der eine Verarmung der englischen Sprache und den Verlust britischer Einbildungskraft befürchtet.« Und der englische Romancier John Wain war sich sicher: „Jeder literarisch gebildete Mensch wird bei der Lektüre von Mr. Lennons Buch sofort feststellen, daß alles aus einer Quelle stammt, nämlich aus dem Spätwerk von James Joyce. Nicht nur die Entschlossenheit, fast vollständig in Wortspielen zu kommunizieren, sondern auch der ebenso entschlossen schmutzige, blasphemische und subversive Ton ist typisch Joyce.«
Tatsächlich waren die kurzen Texte in einem zotenreichen, durchweg seltsam wortspielerischen Kauderwelsch geschrieben. Und noch etwas fiel auf, was Pop-Chronist Nik Cohn später so beschrieb: »In der Hauptsache waren es Übungen in kranken, kleinen sadistischen Erzählungen über Abscheulichkeit und Tod« Lennon-Biograph Robertson, eine Idee präziser, wenn auch miserabel übersetzt: »Wenn man die vielen negativen Anspielungen auf Juden in dem Buch beiseite läßt, finden wir noch ein Hauptthema, das bereits in Lennons Collage-Tagen auftauchte – seine Fazination von und sein Haß auf Krüppel und Spastiker.«
Wenn ihm und den drei anderen Herzensbrechern nicht gerade Scharen hysterischer Teenager zu Füßen lagen, hatte Lennon, wie nun zu sehen war, intensiv seinen Abneigungen gefrönt und dabei ein reichlich illustres Prosa-Panoptikum geschaffen:
- Gleich in der ersten Geschichte gerät ein Mann, der nur »teilweise Dave« ist, mit einem farbigen Busschaffner aneinander. Die Begegnung endet zwiespältig: » ›Aber möchten Sie, daß Ihre Tochter so einen heiratet?‹ schien eine Stimme zu fragen, als Dave wie eine gesengte Sau« im Originaltext »wie ein brennender Spastiker« - »vom Bus sprang.«
- Keine Fliegen auf Frank schildert einen Ehegatten, der seine Frau erschlägt und in einem kleinen Sack (»Sie war nur 1 m 30 groß«) bei seiner Schwiegermutter abliefert, die jedoch die Annahme verweigert.
- Der gute Hund Arthur erfährt aus einem ihm gewidmeten Gedicht, daß er »um Schlag drei Uhr eingeschläfert« wird; in Der liebe, liebe Clive kommt ein Roger gerade noch drum herum, eine Rollstuhlfahrerin zu ehelichen.
- Einem Herrn namens Eric Hearble wächst ein sprechendes Fett-Ekzem auf dem Kopf, daraufhin verliert er »seinen Job als Veitstanzlehrer für spanische Knaben (›Wir wollen keinen Krüppel als Lehrer für unsere Jungs, sagte der Schuldirektor‹)«. In anderen Geschichten wird ein Randolph zu Weihnachten von seinen Freunden umgebracht. Klein Bobby dagegen wird mit einer neuen Hakenprothese überrascht.
Daneben finden sich Parodien auf Ausspracheübungen, Meinungsumfragen und Enid Blytons Fünf Freunde, das Kurz-Drama Erster Akt, 3.Szene, Veralberungen von Fernsehsendungen und Glossen über die damalige Liverpooler Club-Szene. Manchmal hatte Lennon es sich auch ganz einfach gemacht: Der Dialog Beim Zahnarscht ist die verhunzte Paraphrase eines Gesprächs aus einem Englisch-Italienischen Konversationshandbuch.
Ganz aus eigener Kraft dagegen traktierte Lennon eine Pflichtlektüre seiner Schulzeit, die Schatzinsel. In seiner Version ertappt sich einer der Piraten angesichts der am Horizont auftauchenden Insel bei ungewöhnlich selbstreferentiellen Gedanken:
»›Sollte mich nicht wundern, wenn da nicht ein bärtiger Alter über die Felsen walzt‹, dachte Disraeli Hands, der den Film gesehen hatte, und so war`s auch.«
  Nach zwei weiteren Absätzen hat Lennon seine Geschichte jedoch so satt, daß er sie eilig auf ein überstürztes Ende zuknüppelt: »Also hauen sie ein paar Pfähle in den Boden und so weiter, und dann segeln sie heim nach Bristow, wo sie alle wegen groben Unfugs eingesperrt werden; es stellt sich herum, dass Jack Hawkins ein 32jähriger Zwerg ist und Large John Silver muß ein neues Holzbein kaufen, weil sie auf dem Gerinsel zu lange am Lagerfeuer gesessen haben.«
Stevensons blinder Ex-Pirat Pew mutiert bei ihm übrigens zu Blind Jew (dt.: »Jud Blind«), und auch sonst deuten einige Stellen im Buch an. daß der pilzköpfige Popmusiker jüdischen Mitmenschen nicht unbedingt wohlwollend gegenüberstand - eine Attitüde, die auch Jugendfreund Pete Shotton bestätigt, der in diesem Zusammenhang von einer speziellen Freizeitgestaltung des jungen Lennon in einer Liverpooler Bar berichtet. Dort, so Shotton, »hatte er sich zur Gewohnheit gemacht, einen jüdischen Klavierspieler namens Reuben zu verhöhnen, indem er sein Spiel durch Zurufe unterbrach wie ›Judenbengel‹ oder ›Dich hätten sie mit den anderen in die Gaskammer stecken sollen!‹ Manchmal brachte er den armen Musiker damit zum Weinen.«
So deutlich wurde der Autor Lennon zwar nicht, aber Sticheleien verkniff er sich keineswegs: Im Theaterstück Erster Akt, 3.Szene singen ein kapitalistischer Dickwanst, eine Negermammie (die vorher ein Baby auffraß) und »vierzehn kleine jüdische Kinder« eine Art Hymne; im Gedicht Der Taube, Danuta (und ich) heißt es: »Wir sind für Gott und Rasse / Und kämpfen fürchterlich / für Juden, Neger, Klasse.« Und die vieldeutigen Verse von Kennst du das Land zeigen ihn in der ersten Strophe zwar noch »fröhlich wie ein Jud`« einherspazierend, in der dritten bahnt er sich aber nur noch mühsam seinen Weg »durch dicker Jüdin Leimb« (fatty hebrew gurth).
Seine Mischung aus ungewollter Joyce-Nachfolge, gewollter Krüppelfeindlichkeit und zumindest habituellem Antisemitismus brachte Lennon wenig Kritik ein, im Gegenteil: Verleger Cape bat zu Vertragsunterzeichnungen für weitere Bücher.
Was seine angebliche literarische Bildung betraf, nutzte Lennon zu dieser Zeit jedes Interview, um sie zu dementieren. Tatsächlich hatte er außer einer Ausgabe von Lewis Carrolls Alice im Wunderland und Alice hinter den Spiegeln, die er als Kind geschenkt bekommen hatte, nichts von seinen angeblichen literarischen Vorbildern gelesen. Von manchen, wie er freimütig einräumte, hatte er vorher nicht einmal gehört, sich aber inzwischen Werke von ihnen angeschafft.
Alice hinter den Spiegeln und darin vor allem Carrolls Gedicht Jabberwocky über das gleichnamige Monster war allerdings eine prägende Leseerfahrung seiner Kindheit gewesen. Insbesondere das von Carroll dafür erfundene Verfahren der »Portmanteau«- Words, bei dem er sinnverwandte Wörter zu Kunstwörtern komprimierte - z.B. chuckle (glucksen) und snort (prusten) zu chortle -, hatte den Knaben Lennon so fasziniert, daß er sich diese Fertigkeit immer perfekter antrainierte.
Laut Skandal-Biograph Albert Goldman erwarb »Lennon eine solche Übung im Kombinieren von Worten, daß er ein Buch zu Hand nehmen und eine Kurzversion sozusagen ›vom Blatt‹ lesen konnte.«
Goldman nennt neben Lennons humoristischen Ambitionen noch einen weiteren, recht plausiblen Grund dafür:
»Als der junge John den Graben überspringen wollte, der das gesprochene vom geschriebenen Wort trennt, fiel er auf die Nase. Man stellte sich das Entsetzen seiner Lehrer vor, als sie entdeckten, daß sich der aufgeweckte Knabe, der so gerne las und über einen umfangreichen Wortschatz verfügte, außerstande zeigte, auch nur die einfachsten Wörter zu buchstabieren. Nicht nur, daß er ständig Buchstaben vertauschte, zu allem Überfluß neigte er auch dazu, bestimmte Wörter mit anderen, ähnlich lautenden zu verwechseln. So wurde aus funds funs oder aus chicken pots. Erst viel später in seinem Leben entdeckte Lennon, daß die Ursache dieser systematischen Fehler (ebenso wie seine lebenslange Unfähigkeit, korrekt zu schreiben) die Legasthenie war, eine häufig auftretende neurologische Störung.«
Ganz abseitig war die Vermutung von Parlamentarier Curran also nicht gewesen. Vermutlich hat Lennon seine Werke in diesem krausen Idiom abgefaßt, weil es seiner wörterverwechselnden Rechtschreibschwäche wesentlich entgegenkam und sie plötzlich geistreich wirken ließ. Viele damit erzielte Wirkungen sind komisch - auch in der kongenialen deutschen Übersetzung, die sein Schweizer Verleger Helmut Kossodo und der damalige Pardon-Redakteur Wolf D. Rogosky anfertigten.
Will man etwa den hysterischen Tonfall aufgebrachter Leserbriefschreiber persiflieren, ist dieses Stilmittel in der Tat geeignet: »Sehr geehrter Herr Redaktör, wenn Herr Läusepulver (Nacktausgabe 23.Feb. Seite 8 Spalte 4) meint, daß der Abgeorgelte (Achim von Keuchhust). Da muß man schon sagen hat er den Mund voller genommen, als er verkrapfen kann. Wie unterstellt er sich zu sagen, Herr v. Keuchhust sei für soziale Phrasen impotent!? Schließlich war es doch v. Keuchhust, der die Organiesetzschon schuf, die bei den Westmächten eine solche Klettenegation ausflößten. Wenn Herr Mäusepulli wirklich glaubt, daß die Indoneger Australien angreifen werden, wo das Weltgewissen dahintersteht, dann kann ich nur schließen, daß er (Herr Kräuselkuchen) den Verstank verlogen hat.«
  Bei der Abfassung seines zweiten Buches traute Lennon seiner eigentlichen Gabe - mit spontanen Augenblickseingebungen kurz zu improvisieren und sie dann unfertig, aber frisch stehen zu lassen - offenbar nicht mehr so viel zu. A .Spaniard In The Works (abgeleitet von der Redewendung »to throw a spanner in the works«, einen Schraubenschlüssel ins Getriebe werfen, also lahmlegen, sabotieren) wirkt insgesamt deutlich angestrengter. Zunächst forstete er dafür noch einmal sein Merseybeat- Material durch, unterwarf es diesmal aber deutlich strengeren Auswahlkriterien. Die kürzeren Texte halten den gewohnten Standard: Die kleine Elsie muß, um eine Testamentsbedingung zu erfüllen, in einem Sarg leben, bis sie volljährig ist; leider wird an ihrem 21. Geburtstag der Sarg versehentlich angezündet.
Eine Zeichnung zeigt die Gattin des damaligen Premierministers Wilson nackt vor ihrer Toilette, und das Gedicht Unser Paps beschreibt in vielen Strophen, wie ein paar resolute Kinder ihren alten Vater davonjagen und danach seine Habseligkeiten plündern. Davon stellt Strophe 17 wohl die wildeste Entgleisung dar: »Ein wahrer Segen, nicht nur Geld / ließ er auf seiner Bude / Sein Rentenbuch ist auch noch da / der miese kleine Jude. « (Wobei das Original - »He`s left his pension book as well / The slimy little jew!« - den Übersetzer noch entlastet.)
Auf den meisten Seiten des Bandes walzte Lennon jedoch sechs längere Texte aus; außer der Titelgeschichte und einer Schneewittchenparodie hatte er sich u.a. an Sherlock Holmes und Wort zum Sonntag versucht. Einige kraftvoll hingeflegelte Passagen waren ihm dabei zweifellos gelungen, insgesamt aber traten hier Aufwand und Pointe, Form und Inhalt zu sehr fragwürdigen Paarläufen an. Als der Moderator der literarischen BBC-Sendung World of Books Lennons Texte als »Ministücke« bezeichnete, gab Lennon seine Schwierigkeiten zu: »Für sie sind es Minitexte. Für mich sind es Marathons. Mit Sherlock Holmes habe ich gesehen, wie weit ich gehen kann. Ich vergesse, welche Personen mitspielen, ich verliere den Faden, und es hängt mit zum Hals `raus und langweilt mich. Deshalb bringe ich meine Personen im allgemeinen um - in meinem ersten Buch habe ich das ganze Pack sterben lassen.«
Der Vertragsverpflichtung, noch ein drittes Buch abzuliefern, kam er dann nicht mehr nach. Es gibt aber, wie eingangs erwähnt, noch ein drittes, allerdings postum erschienenes Buch von John Lennon. Es enthält neben einem Exposé für ein Musical über ihn und Yoko und einigen kurzen Texten aus den ersten Monaten ihres Zusammenseins ein 150-Seiten-Fragment mit dem Titel Flug Schrift vom Wind in den Mund (Skywriting of Word of Mouth). Lennon verfaßte es 1976, nachdem er nach 1 1/2jähriger Trennung zu Yoko zurückgekehrt war. 1980, im Playboy-Interview, hielt er nicht mehr viel davon: »Als er mit der Musik aufhörte und Hausmann wurde, wurde ich einmal wahnsinnig, weil ich dachte, ich müsste etwas tun. Also setzte ich mich hin und schrieb 200 Seiten voll mit Blödsinn – so wie in ›In His Own Write‹. Es liegt in einer Kriese, aber er ist nicht gut. «
Da hatte er wohl recht: Biograph Robertson nennt es eine »seltsame Mischung aus Parodie und unbefriedigenden Geständnis«; genauer gesagt deuten Sprunghaftigkeit, Gedankenflucht und exzessives Wortgeklingel darauf hin, daß sich Lennon sein Tagespensum an komischer Prosa diesmal wohl durch ausgiebiges Kiffen abzuluchsen versuchte. Vergeblich: Gelegentlich schimmern zwar gewohnte Obsessionen durch, wenn die üblichen »hundertjährigen Spastiker« und »Fachärzte für spastische Chirurgie« auftreten oder »Fred und Ada Gurke eingeladen werden, verkrüppelte Veteranen zu verhöhnen«. Die Anführer der amerikanischer New Left, Weggefährten seiner Agit-Prop-Phase, nennt er, wenig überraschend, »diese abgebrühten jüdischen Haggadas (ich meine nicht die Eiskremfirma)« - die heißt nämlich Häagen Dazs.
Frau Ono war von Lennon seinerzeit übrigens mit einer bemerkenswert symbolischen Geste in seiner Welt begrüßt worden: Ein Freund Lennons, der Schauspieler Victor Spinetti, hatte das Mißgeburten-Repertoire der beiden Bücher zu einem Theaterstück »1. Akt, 3. Szene« umgearbeitet. Nach der Erstaufführung wurde es durch Vermittlung von Sir Laurence Olivier, dem es außerordentlich gut gefallen hatte, am 18. Juni 1968 im Londoner National Theatre aufgeführt Bei der Premiere zeigte sich Lennon erstmals öffentlich mit Yoko einem mißgünstig zischelnden Publikum.
Wie sich Lennon-Assistent Tony Fawcett erinnert, wurde das Stück von den Kritiken der Boulevard-Presse als »der größte Mist des Jahrhunderts« abqualifiziert. Aber das kann, wie wir gelesen haben, eigentlich nicht so ganz stimmen.